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Urteil Verwaltungsgericht (LU - A 10 137_2)

Zusammenfassung des Urteils A 10 137_2: Verwaltungsgericht

Die Person stellte ein Gesuch um Erlass der noch offenen Staats- und Gemeindesteuern sowie der direkten Bundessteuer der Jahre 2007 und 2008. Nachdem der Einspracheentscheid abgelehnt wurde, erhob sie Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Es wurde festgestellt, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist, da der Erlass geschuldeter öffentlicher Abgaben strittig ist. Es wurde auch erläutert, dass die Zuständigkeit zur Beurteilung des Erlasses bei der Einzelrichterzuständigkeit liegt, obwohl in diesem Fall die Abteilung zuständig ist. Bezüglich des Erlasses der direkten Bundessteuer wurde festgestellt, dass die kantonalen Behörden zuständig sind, da der Wert für die Eidgenössische Erlasskommission nicht erreicht wurde. Das Gericht entschied, dass der Erlass der Steuern nicht gerechtfertigt ist, da die Voraussetzungen für eine Notlage und grosse Härte nicht erfüllt sind. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass er Zahlungserleichterungen beantragen kann.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts A 10 137_2

Kanton:LU
Fallnummer:A 10 137_2
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Abgaberechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid A 10 137_2 vom 17.12.2010 (LU)
Datum:17.12.2010
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 167 DBG, § 200 StG. Steuererlass. Wer sich ohne Not seiner liquiden Mittel, die für die Bezahlung von Steuern zurückgelegt werden müssten, entäussert, obwohl die laufenden Einkünfte kaum den Notbedarf decken, vereitelt die Erfüllung seiner Steuerbezahlungspflicht. Diesfalls erfordert die rechtsgleiche Behandlung der Steuerpflichtigen, dass das Gemeinwesen an seinem Steueranspruch festhält.
Schlagwörter: Steuer; Erlass; Steuererlass; Bundessteuer; Steuern; Notlage; Person; Steuererlassverordnung; Zahlung; Steuern; Gemeinde; Staats; Gemeindesteuern; Härte; Recht; Steuerschuld; Veranlagung; Gesuch; Verwaltungsgericht; Zinsen; Bezahlung; Existenz; Zahlung; Steuerperiode; Steuerpflicht; Zuständigkeit; Verwaltungsgerichts; Luzern; Erlassgesuch
Rechtsnorm: Art. 12 BV ;Art. 167 DBG ;Art. 201 DBG ;Art. 29a BV ;Art. 8 BV ;
Referenz BGE:122 I 373;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts A 10 137_2

A stellte ein Gesuch um Erlass der noch offenen Staatsund Gemeindesteuern 2007 und 2008 sowie der direkten Bundessteuer der Jahre 2007 und 2008 samt Zinsen. Gegen den ablehnenden Einspracheentscheid erhob er Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Aus den Erwägungen:

1. - a) Die Rechtsweggarantie, wie sie Art. 29a BV umschreibt, gewährleistet bei Rechtsstreitigkeiten den Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde. Ist der Erlass geschuldeter öffentlicher Abgaben streitig, muss deshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde möglich sein. Im Rahmen der Steuergesetzrevision 2008 wurde das Steuergesetz (StG) angepasst und die Einsprachemöglichkeit gegen den Erlassentscheid der Gemeinde bzw. der jeweils zuständigen Erlassbehörde eingeführt (§ 201 Abs. 5 StG). Der Einspracheentscheid unterliegt sodann der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (vgl. § 148 lit. a VRG).

Demgemäss ist die Anfechtung des Einspracheentscheids betreffend Steuererlass vom 19. Mai 2010 mittels Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig.

b) Der Erlass von Steuern und anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben fällt unabhängig vom Streitwert in die Zuständigkeit des Einzelrichters (§ 7 Abs. 5 des Gesetzes über die Organisation des Verwaltungsgerichts i. V. m. § 8a Abs. 3 lit. b der Geschäftsordnung für das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern). Da im vorliegenden Verfahren zu prüfen ist, ob dem Beschwerdeführer die für die Steuerperioden 2007 und 2008 veranlagten Staatsund Gemeindesteuern und die direkte Bundessteuer zu erlassen sind, ist grundsätzlich die Einzelrichterzuständigkeit gegeben. Allerdings kann der Abteilungspräsident in allen Fällen die Streitsache der Abteilung zur Beurteilung unterbreiten (§ 8a Abs. 5 Geschäftsordnung für das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern). Davon wird vorliegend Gebrauch gemacht, weshalb die Zuständigkeit der Abteilung gegeben ist.

2. - a) Soweit der Erlass der direkten Bundessteuer beantragt wird, ist für die Zuständigkeit der kantonalen Behörden die Verordnung des EFD über die Behandlung von Erlassgesuchen für die direkte Bundessteuer (Steuererlassverordnung) vom 19. Dezember 1994 (VO EFD; SR 642.121) zu beachten. Laut Art. 4 VO EFD entscheidet die Eidgenössische Erlasskommission für die direkte Bundessteuer (EEK) über Gesuche um Erlass der direkten Bundessteuer im Umfang von mindestens Fr. 25 000.- pro Steuerjahr. Die kantonale Erlassbehörde entscheidet über Gesuche um Erlass der direkten Bundessteuer im Umfang von weniger als Fr. 25 000.- pro Steuerjahr. Wird ein Gesuch für mehrere Steuerjahre gestellt und beträgt die Steuer in einem dieser Jahre mindestens Fr. 25 000.-, so entscheidet die EEK über das Gesuch.

Der Beschwerdeführer ersucht um Erlass der direkten Bundessteuer 2007 (Fr. ...) und 2008 (Fr. ¿). Der für die Zuständigkeit der EEK massgebliche Wert wird damit - auch unter Einrechnung von Zinsen - bei weitem nicht erreicht, weshalb für den Erlass die kantonalen Behörden zuständig sind.

b) Im Kanton Luzern richtet sich die Zuständigkeit der Erlassbehörde für die Staatsund Gemeindesteuern nach dem Betrag des anbegehrten Erlasses, welcher sich aus Staatsund Gemeindesteuern, Bussen, Mahngebühren und Verfahrenskosten ohne Zinsen zusammensetzt (vgl. Art. 41 StV, a.z.F.). Über Erlassgesuche entscheidet bis Fr. 5000.- die Einwohnergemeinde, bei mehr als Fr. 5000.- die Dienststelle Steuern des Kantons und bei mehr als Fr. 25 000.- das Finanzdepartement. Wird ein Erlassgesuch für mehrere Steuerperioden gestellt, richtet sich die Zuständigkeit nach den auf die einzelnen Steuerperioden entfallenden Beträgen ohne Zinsen (§ 41 Abs. 1 und 2 Satz 1 StV).

Der Beschwerdeführer ersucht um den Erlass der Staatsund Gemeindesteuern 2007 (Fr. ...) und 2008 (Fr. ...). Diese Beträge begründen die Zuständigkeit der vorliegend als Vorinstanz handelnden Dienststelle Steuern. Sie ist denn auch innerkantonal für Gesuche um Erlass der direkten Bundessteuer bis zum Betrag von Fr. 25 000.- zuständig (§ 6 Abs. 2 lit. k der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer vom 6.12.1994 [SRL Nr. 665]).

3. - Der steuerpflichtigen Person, für die infolge einer Notlage die Bezahlung der Steuer, eines Zinses einer Busse wegen Übertretung eine grosse Härte bedeuten würde, können die geschuldeten Beträge ganz teilweise erlassen werden (Art. 167 Abs. 1 DBG). Fast wörtlich gleich lautet § 200 Abs. 1 StG, wonach Steuerpflichtigen, für die infolge einer Notlage die Bezahlung der Steuern, Bussen, Zinsen und Kosten eine grosse Härte bedeuten würde, die geschuldeten Beträge ganz teilweise erlassen werden können. Der Erlass der Staatsund Gemeindesteuern ist im Übrigen in den §§ 199 bis 201 StG sowie in den §§ 41 und 42 StV geregelt. § 42 Abs. 1 StV erklärt die Verordnung über die Behandlung von Erlassgesuchen für die direkte Bundessteuer zur Behandlung von Erlassgesuchen ausdrücklich als sinngemäss anwendbar.

a) Der Steuererlass stellt den Verzicht des Gemeinwesens auf einen ihm zustehenden steuerrechtlichen Anspruch dar, mit welchem das öffentliche Vermögen vermindert wird (Blumenstein/Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 346). Ziel und Zweck des Steuererlasses ist es, zu einer langfristigen und dauernden Sanierung der wirtschaftlichen Lage der steuerpflichtigen Person beizutragen. Bestimmungsgemäss hat er demzufolge der steuerpflichtigen Person selbst und nicht ihren Gläubigern zugute zu kommen (Art. 1 Abs. 1 Steuererlassverordnung). Die Gründe für einen Erlass liegen letztlich stets in der "Person" des Steuerschuldners: Diese soll aus humanitären, sozialpolitischen volkswirtschaftlichen Gründen nicht in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet werden (BVGE 2009/45 E. 2.2). Aus Gründen der rechtsgleichen Behandlung der Steuerpflichtigen (Art. 8 BV) muss der Steuererlass aber seltene Ausnahme bleiben, welche nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wird (vgl. Beusch, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2b, 2. Aufl., Basel 2008, N 6 zu Art. 167 DBG; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3663/2007 vom 11.6.2009, E. 2.2, in: Steuer Revue [StR] Nr. 9/2009 S. 672ff.).

b) Ein Teil der Lehre spricht sich für einen Anspruch auf Erlass aus, sofern die Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind (vgl. Zweifel/Casanova, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, Direkte Steuern, Zürich 2008, N 3 und 8 zu § 31). Betont wird, dass der Erlass kein Gnadenakt ist (Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 348; Beusch, a.a.O., N 8 zu Art. 167 DBG; für einen Rechtsanspruch auf Erlass im zeitlichen Geltungsbereich des Bundesratsbeschlusses vom 9.12.1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer [BdBSt; aufgehoben durch Art. 201 DBG]: Känzig/Behnisch, Die Eidgenössischen Steuern, Zölle und Abgaben, Bd. 4b, Die direkte Bundessteuer, III. Teil, 2. Aufl., Basel 1992, N 1 zu Art. 124 BdBSt).

Unter Berufung auf den Wortlaut von Art. 167 Abs. 1 DBG widersprechen Richner/Frei/Kaufmann/Meuter den genannten Lehrmeinungen (Handkommentar zum DBG, 2. Aufl., Zürich 2009, N 4 zu Art. 167 DBG). Auch das Bundesgericht verneint gestützt auf die "Kann-Formulierung" von Art. 167 Abs. 1 DBG einen Anspruch auf Erlass. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung räumt Art. 167 Abs. 1 DBG den Steuerpflichtigen in der Regel keinen Rechtsanspruch auf Steuererlass ein (BG-Urteil 2D_7/2008 vom 1.7.2008 sowie BG-Urteil vom 21.2.2008, veröffentlicht in: StR Nr. 5/2008 S. 380ff. E. 2.2; vgl. auch BGE 122 I 373 E. 1, veröffentlicht in: ASA 66 S. 774, BG-Urteil vom 8.2.1999, veröffentlicht in: ASA 68 S. 77 E. 1; vgl. auch zur ganzen Rechtsprechung [kritisch] Filippini/Mondada, Il condono fiscale nelle imposte dirette: un "diritto" giustiziabile alla luce dell'art. 29a della Costituzione federale, in: Rivista ticinese di diritto [RtiD] I-2008, S. 470, 482f., vgl. zum Ganzen auch BVGE 2009/45 E. 2.2; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-3144/2007 vom 12.5.2009, E. 2.5 und A-2250/2007 vom 11.3.2009, E. 5.3).

Schon zufolge des weitgehend identischen Wortlauts muss Gleiches für die kantonalrechtliche Bestimmung gelten. Das Luzerner Steuerbuch beruft sich denn auch für die Anwendung des kantonalen Rechts auf die Praxis des Bundesgerichts und hält fest, dass die steuerpflichtige Person zwar keinen Rechtsanspruch auf Erlass habe, die Erlassbehörde aber nach pflichtgemässem Ermessen aufgrund aller im Sinn von § 200 StG bzw. Art. 167 DBG wesentlichen Tatsachen entscheide und den Erlass gegebenenfalls gewähre (Luzerner Steuerbuch [LU StB], Band 2a, Weisungen StG zu § 200 Nr. 1 Ziff. 2). Diesem Umstand ist im Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren Rechnung zu tragen, indem das Gericht trotz der im Beschwerdeverfahren betreffend Abgaben grundsätzlich gegebenen Ermessenskontrolle (§ 157 VRG) bei der Prüfung der Ermessensausübung durch die Erlassbehörde Zurückhaltung übt (vgl. dazu LGVE 1985 II Nr. 9 E. 4d betr. Katasterschatzung). Immerhin umfasst die Kognition des Gerichts in jedem Fall die Prüfung, ob die Gewährung Verweigerung eines Steuererlasses rechtsverletzend, etwa unter Missbrauch des behördlichen Ermessens, festgesetzt worden ist.

c) Der Steuererlass gehört nicht zur Steuerveranlagung, sondern zum Steuerbezug (bzw. zur Steuervollstreckung). Ein Erlass kann nur erfolgen, wenn die Veranlagung abgeschlossen ist und ein rechtskräftig festgesetzter Steuerbetrag vorliegt, der noch nicht bezahlt ist (vgl. Art. 7 Abs. 2 Steuererlassverordnung; LGVE 1990 II Nr. 20; VGE vom 16.9.1997 i.S. F; LU StB, a.a.O., Weisungen StG zu § 200 Nr. 1 Ziff. 4). Im Erlassverfahren ist demnach ausschliesslich zu prüfen, ob die gesetzlich statuierten Erlassvoraussetzungen erfüllt sind.

d) Gegenstand eines Erlassgesuches können Steuern (inkl. Nachsteuern) sein sowie Zinsen Bussen wegen Verfahrensverletzungen Übertretungen (Art. 7 Abs. 1 lit. a-c Steuererlassverordnung).

e) Ein Steuererlass setzt das Vorliegen einer Notlage und einer grossen Härte voraus (vgl. Art. 167 Abs. 1 DBG; § 200 Abs. 1 StG). Die Prüfung erfolgt einerseits anhand objektiver Kriterien, andererseits sind die Voraussetzungen aber auch immer bei jedem Steuerpflichtigen anhand sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls abzuklären (vgl. Beusch, a.a.O., N 13 zu Art. 167 DBG).

aa) Das Vorliegen einer Notlage wird in Art. 9 Abs. 1 Steuererlassverordnung konkretisiert. Demnach liegt eine solche vor, wenn der ganze geschuldete Betrag in einem Missverhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person steht. Bei natürlichen Personen ist ein Missverhältnis insbesondere dann gegeben, wenn die Steuerschuld trotz Einschränkung der Lebenshaltungskosten auf das Existenzminimum in absehbarer Zeit nicht vollumfänglich beglichen werden kann (Art. 9 Abs. 1 Steuererlassverordnung). Damit die Steuer erlassen werden kann, müssen die Einschränkungen in der Lebenshaltung aber geradezu unzumutbar sein (Lüdin, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, Basel 2000, N 4 und 9 zu Art. 167 DBG). Unter dem Vorbehalt von den in Art. 10 Abs. 2 Steuererlassverordnung genannten Gründen ist es unerheblich, aus welchem Grund die steuerpflichtige Person in die geltend gemachte Notlage geraten ist (Art. 2 Abs. 2 Steuererlassverordnung). Mögliche Ursachen für eine derartige Notlage sind etwa eine starke Überschuldung als Folge von ausserordentlichen Aufwendungen, die in den persönlichen Verhältnissen begründet sind und für die die steuerpflichtige Person nicht einzustehen hat (Art. 10 Abs. 1 Bst. b Steuererlassverordnung). Liegen aber für die Überschuldung andere Gründe vor als die in Art. 10 Abs. 1 Steuererlassverordnung genannten - insbesondere geschäftliche Misserfolge, hohe Grundpfandschulden, Kleinkreditschulden als Folge eines überhöhten Lebensstandards usw. - so ist ein Erlass der Steuerschuld zugunsten anderer Gläubiger ausgeschlossen bzw. nur in demselben prozentualen Umfang möglich, wie andere Gläubiger ganz teilweise auf ihre Forderungen verzichten (Art. 10 Abs. 2 Steuererlassverordnung; vgl. auch Beusch, a.a.O., N 15f. zu Art. 167 DBG; vgl. zu den erlassrelevanten Ursachen für die Notlage auch LU StB, a.a.O., Weisungen zu § 200 Nr. 1 Ziff. 5.2.10).

Die zu einem Erlass berechtigende Notlage setzt aber immerhin nicht voraus, dass die steuerpflichtige Person einen Anspruch auf Sozialhilfe haben sich gar auf das Recht auf Hilfe in Notlagen (Art. 12 BV) berufen muss (vgl. Beusch, a.a.O., N 17 zu Art. 167 DBG).

bb) Art. 167 Abs. 1 DBG und § 200 Abs. 1 StG verlangen sodann, dass die Notlage zu einer grossen Härte für die steuerpflichtige Person führt. Notlage und Härtefolge lassen sich nicht scharf voneinander abgrenzen, sondern überschneiden sich weitgehend (vgl. Beusch, a.a.O., N 18 zu Art. 167 DBG). Während das Kriterium der Notlage ausschliesslich die wirtschaftliche Lage des Schuldners bzw. der Schuldnerin berücksichtigt, können unter dem Aspekt der grossen Härte auch andere Umstände massgebend sein, namentlich Billigkeitserwägungen (BVGE 2009/45 E. 2.7 a.z.F.; Zweifel/Casanova, a.a.O., N 13 und 19 zu § 31). Eine grosse Härte kann etwa aus der anhaltenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Veranlagung resultieren sich aus den besonderen Ursachen der Notlage ergeben. Dies trifft etwa zu, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person durch besondere Umstände wie aussergewöhnliche Belastungen durch den Unterhalt der Familie, dauernde Arbeitslosigkeit Krankheit, Unglücksfälle usw. erheblich beeinträchtigt wird (Zweifel/Casanova, a.a.O., N 14 zu § 31; Känzig/Behnisch, a.a.O., N 4 zu Art. 124 BdBSt mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Da die zu einem Erlass berechtigende Notlage nicht den Bezug von Sozialhilfe voraussetzt, schliesst das Vorhandensein von Vermögen die Gewährung eines Erlasses nicht von vornherein aus. Ein Steuererlass kann daher gewährt werden, bevor die letzten Ersparnisse der gesuchstellenden Person aufgebraucht sind. Dies gilt insbesondere für nicht erwerbstätige Gesuchstellende (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 31 zu Art. 167 DBG). Die Nicht-Gewährung eines Erlasses würde eine grosse Härte bedeuten, wenn die Belastung Verwertung des zum Verkehrswert berechneten Vermögens nicht zumutbar ist (vgl. Art. 11 Abs. 1 Steuererlassverordnung). Dies ist etwa dann der Fall, wenn ältere Steuerpflichtige ohne Erwerbseinkünfte und anderes Vermögen ihr selbstbewohntes und (weitgehend) hypothekenfreies Wohneigentum belasten veräussern müssten (vgl. Beusch, a.a.O., N 19 zu Art. 167 DBG). Handelt es sich beim Vermögen um einen unentbehrlichen Bestandteil der Altersvorsorge, kann die Steuer ganz teilweise erlassen werden (LU StB, a.a.O., Weisungen zu § 200 Nr. 1 Ziff. 5.2.3). Anwartschaften und nicht frei verfügbare Austrittsleistungen gemäss dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 1993 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG, SR 831.42) bleiben bei der Vermögensberechnung unberücksichtigt (Art. 11 Abs. 2 Steuererlassverordnung).

cc) Beim Entscheid über einen Steuererlass sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der steuerpflichtigen Person zu berücksichtigen. Massgebend ist dabei in erster Linie die Situation im Zeitpunkt des Entscheides, daneben auch die Entwicklung seit der Veranlagung, auf die sich das Erlassbegehren bezieht, sowie die Aussichten für die Zukunft (Art. 3 Abs. 1 Steuererlassverordnung; LU StB, a.a.O., Weisungen zu § 200 Nr. 1 Ziff. 3).

dd) Die Erlassbehörde hat zu prüfen, ob für die steuerpflichtige Person Einschränkungen in der Lebenshaltung geboten und zumutbar sind gewesen wären. Einschränkungen gelten grundsätzlich als zumutbar, wenn die Auslagen die nach den Ansätzen für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (gemäss Art. 93 des Bundesgesetzes vom 11.4.1889 über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG, SR 281.1]) sich ergebenden Lebenshaltungskosten übersteigen (Art. 3 Abs. 2 Steuererlassverordnung); mit anderen Worten werden nur die notwendigen Lebenshaltungskosten berücksichtigt. Wäre der steuerpflichtigen Person im Zeitpunkt der Fälligkeit eine fristgerechte Zahlung möglich gewesen, so ist dies im Erlassentscheid zu berücksichtigen (Art. 3 Abs. 3 Steuererlassverordnung). Es darf dabei vorausgesetzt werden, dass nach Möglichkeit für die am Ende der Steuerperiode fälligen Steuern im Laufe der Steuerperiode die nötigen Rücklagen gebildet werden (LU StB, a.a.O., Weisungen zu § 200 Nr. 1 Ziff. 3).

4. - Im vorliegenden Fall sind die Veranlagungen für die Steuerperioden 2007 und 2008 unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Sodann geht aus den Akten hervor, dass die in Rechnung gestellten Steuern noch nicht bezahlt sind. Da unbezahlt gebliebene Staatsund Gemeindesteuern sowie direkte Bundessteuern Gegenstand des Erlassverfahrens bilden können, bleibt zu prüfen, ob die (subjektiven) Voraussetzungen zum Erlass (Notlage und grosse Härte) hier gegeben sind.

a) Mit Blick auf die Voraussetzung der Notlage, insbesondere auf das Einkommen und den Lebensbedarf des Beschwerdeführers, seine Vermögensund Schuldenlage und allfällige Kosten wegen Krankheit andere persönliche Umstände wie z.B. Alter, kann zunächst auf die Feststellungen der Vorinstanz abgestellt werden: Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer während vieler Jahre Sozialhilfebezüger war. Im Jahr 2007 erhielt er rückwirkend eine Rente der Invalidenversicherung (mit Beginn ab 1.10.2002 eine Viertelsrente, ab 1.1.2003 eine ganze Rente) zugesprochen. Wegen einer laufenden Rückforderung von Ergänzungsleistungen zur IV-Rente des Beschwerdeführers von monatlich Fr. ... bis Ende Februar 2012 resultiert ein Einkommensmanko von Fr. ..., wenn die laufenden Steuern in die Berechnung des Existenzminimums einbezogen werden. Auch wenn die laufenden Steuern in Abweichung von der vorinstanzlichen Berechnung aber ausgenommen werden, resultiert ein monatliches Manko von Fr. ... Die Streitfrage, ob laufende Steuern bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums zu berücksichtigen sind, kann deshalb vorliegend offen bleiben: Bis Februar 2012 bewirkte selbst die ratenweise Bezahlung der ausstehenden Steuerbetreffnisse 2007 (Fr. ...) und 2008 (Fr. ...) aus dem laufenden Einkommen einen (zusätzlichen) Eingriff in das betreibungsrechtliche Existenzminimum. Der Beschwerdeführer (...) verfügt nicht über Vermögen. Diese Umstände begründen insgesamt eine Notlage, wie sie für den Steuererlass gefordert ist.

Mit Blick auf die Aussichten, dass der Beschwerdeführer gemäss zutreffender Berechnung der Vorinstanz ab März 2012 einen kleinen Überschuss über das Existenzminimum erzielen wird (Fr. ....), ändert sich an dieser Beurteilung nichts.

b) Der Beschwerdeführer kann seine Steuerschuld trotz Einschränkung der Lebenshaltung auf das Existenzminimum in absehbarer Zeit nicht begleichen: Ab März 2012 könnte er zwar monatliche Ratenzahlungen à Fr. ... leisten, ohne einen Eingriff in den Notbedarf zu erleiden. Die reine Steuerschuld ohne Zinsen wäre dann aber erst im Jahr 2018 beglichen. Nach der Praxis der Luzerner Steuerbehörden ist eine grosse Härte bereits dann zu bejahen, wenn die Steuerschuld nicht binnen dreier Jahre ratenweise beglichen werden kann (LU StB, a.a.O., Weisungen zu § 200 Nr. 1 Ziff. 5.1). Im Licht dieser Praxis ist deshalb im vorliegenden Fall ohne weiteres von einer grossen Härte im Sinn des Gesetzes auszugehen.

c/aa) Der Beschwerdeführer reichte die Steuererklärung 2007 per April 2008 ein. Er deklarierte wohl die ab August 2007 laufende IV-Rente, unterliess es jedoch, die Nachzahlungen der IV-Rente (Verfügungen vom 26.6. und 13.12.2007), die weitgehend mit Vorschussleistungen verrechnet wurden, zu deklarieren. Die von der Steuererklärung dementsprechend zum Nachteil des Beschwerdeführers abweichende Veranlagung 2007 erfolgte für die Staatsund Gemeindesteuern per 29. Januar 2009. Die Rechnung für die direkte Bundessteuer erging am 18. März 2009. Spätestens mit der Eröffnung der Veranlagung für die Staatsund Gemeindesteuern 2007 wusste der Beschwerdeführer um die Steuerforderung. Ebenso wurde er damit in Kenntnis gesetzt, dass anders als in den Vorperioden kein Erlass im Veranlagungsverfahren erfolgen konnte.

Ende Juli und Anfang Oktober 2008 erhielt der Beschwerdeführer eine Nachzahlung von Invalidenrenten aus der beruflichen Vorsorge im Betrag von insgesamt Fr. ... (zuzüglich der laufenden Jahresrente von Fr. ...). Im Laufe des Jahres 2008 verwendete der Beschwerdeführer noch vor Eröffnung der Veranlagung für die Steuerperiode 2007 Fr. ..., um - im Wesentlichen - Verlustschein-Schulden zu tilgen und Vermarktungsbemühungen für eine angestrebte - aber letztlich mangels Erfolg eingestellte - Versicherungs-Beratertätigkeit im Krankenversicherungsbereich zu tätigen. Auf die als Kapital ausbezahlten BVG-Renten entfielen davon Zahlungen in der Höhe von Fr. ... Kurz nach Eröffnung der Veranlagung 2007 verwendete der gemäss Steuererklärung 2008 am 31. Dezember 2008 bis auf Fr. ... vermögenslose Beschwerdeführer Fr. ... für die Bezahlung einer Kreditkartenschuld (24.2.2009; Gläubiger: ... AG). Der Beschwerdeführer verfügte demnach im Zeitpunkt, als er Kenntnis von der Steuerforderung erlangte, über liquide Mittel, die ihm die fristgerechte Bezahlung der Steuern 2007 ohne weiteres erlaubt hätten.

In Anbetracht des Zahlungsverhaltens des Beschwerdeführers kommt deshalb im Erlassgesuch vom 24. Februar 2009 sinngemäss fehlender Zahlungswille bezüglich der Steuerschulden zum Ausdruck. Andere Schulden haben aber keinen Vorrang gegenüber den Steuerschulden. Die Vorinstanz hat dementsprechend das Gesuch um Erlass der Staatsund Gemeindesteuern und der direkten Bundessteuer 2007 schon aus Gründen der rechtsgleichen Behandlung der Steuerpflichtigen zu Recht abgewiesen.

bb) Der Beschwerdeführer reichte seine Steuererklärung 2008 nicht innert der ordentlichen Einreichungsfrist bis Ende März 2009, sondern erst mit achtmonatiger Verspätung auf den 1. Dezember 2009 ein. Die zu seinen Gunsten korrigierte Veranlagung 2008 erfolgte am 11. Februar 2010 (Fr. ...), und die Rechnung für die direkte Bundessteuer 2008 erging am 4. März 2010 (Fr. ...). Am 28. Februar 2010 stellte der Beschwerdeführer das Gesuch um Steuererlass.

Selbst wenn sich der Beschwerdeführer, weil er seiner Steuererklärungspflicht erst im Dezember nachkam, Anfang Jahr nicht auf Franken und Rappen genau vergegenwärtigen konnte, welche Steuerschulden er für die Steuerperiode 2008 zu erwarten hatte, vermag ihn dies mit Blick auf die von den Steuerpflichtigen erwarteten Steuerrücklagen nicht zu entlasten. Denn unabhängig vom Zeitpunkt, in welchem der Steuerpflichtige seiner kardinalen steuerlichen Pflicht zur Selbstdeklaration nachkommt, weiss er selbst am besten über seine wirtschaftlichen Verhältnisse Bescheid und hat deshalb grundsätzlich die erforderlichen Vorkehren zu treffen, um die zu erwartenden Steuerschulden, ohne auf einen Erlass angewiesen zu sein, begleichen zu können.

Im Jahr 2009 setzte der Beschwerdeführer Fr. ... für die Begleichung von Kreditkartenschulden, den Rückkauf von Verlustscheinen, die Bezahlung einer in Betreibung gesetzten Forderung der Z-Bank sowie für Sprachkurse ein. Werden von diesen geleisteten Zahlungen die - nicht bezahlten - Steuern 2007 abgesetzt, bleibt immer noch ein Betrag von Fr. ..., welcher für die Steuern 2008 hätte zurückgelegt werden können, vom Beschwerdeführer aber weitgehend nach Belieben verwendet wurde. Indem der Beschwerdeführer seine mutmasslich aus der BVG-Nachzahlung verbleibenden Mittel im Jahr 2009 für andere Zwecke als für die Bezahlung von Steuerschulden und für die Bildung von Rücklagen für die Steuern 2009 verwendete, entledigte er sich zulasten des Gemeinwesens zumindest teilweise jener Mittel, die ihm zur Erfüllung der Steuerpflicht zur Verfügung standen. Die frei verfügbaren Mittel musste der Beschwerdeführer nicht für die auf den - um Ergänzungsleistungsrückzahlungen geschmälerten - Notbedarf beschränkte Lebenshaltung aufwenden. Es ist ihm deshalb insoweit verwehrt, sich auf eine - für heute ausgewiesene - Notlage zu berufen: Wer sich ohne Not seiner liquiden Mittel, die für die Bezahlung von Steuern zurückgelegt werden müssten, entäussert, obwohl die laufenden Einkünfte kaum den Notbedarf decken, vereitelt die Erfüllung seiner Steuerbezahlungspflicht. Diesfalls erfordert die rechtsgleiche Behandlung der Steuerpflichtigen, dass das Gemeinwesen an seinem Steueranspruch festhält. Der Einspracheentscheid ist demnach auch bezüglich der Staatsund Gemeindesteuern und der direkten Bundessteuer 2008 zu bestätigen.

d) Aufgrund dieser Erwägungen erfolgte die Verweigerung eines Steuererlasses für die Staatsund Gemeindesteuern und die direkte Bundessteuer 2007 und 2008 durch die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern zu Recht, weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen ist.

Immerhin ist der Beschwerdeführer angesichts seines finanziellen Engpasses auf die gesetzliche Möglichkeit der Zahlungserleichterung aufmerksam zu machen. Ist die Zahlung der Steuern, Bussen, Zinsen und Kosten innert der vorgeschriebenen Frist für die zahlungspflichtige Person mit einer erheblichen Härte verbunden, kann die Bezugsbehörde gemäss § 199 Abs. 1 StG die Zahlungsfrist erstrecken Ratenzahlungen bewilligen.

5. - (...)

6. - Dieses Urteil kann nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 83 lit. m BGG).
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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